Alltag eines Piloten

Hinter der Kulisse

Einblicke in den Alltag eines ehemaligen Flugschülers

Erfahre aus erster Hand was dich als Pilot erwartet.

Flugschule Fluglehrschein

Es ist Montagmorgen 03:00 Uhr der Wecker klingelt Zeit um Fliegen zu gehen.

Noch während ich im Bett liege überfliege ich die Flugpläne für diesen Tag. Es geht von Karlsruhe
einmal nach Mallorca und zurück. Passagierzahlen, Wetter, technischer Zustand des Flugzeuges –
sieht alles soweit gut aus.

Schnell fertig gemacht und die Uniform angezogen. Mit dem Auto geht es um 4:15Uhr Richtung
Flughafen. Gegen 04:30 Uhr komme ich am Crewparkplatz an, treffe zufällig eine Kollegin aus der
Kabine. Zusammen laufen wir Richtung Terminal, an den wartenden Passagieren vorbei direkt zur
Crewkontrolle. Schließlich muss auch das fliegende Personal gescreened werden. Kurzer
Crewausweis-check, Sprengstofftest und das übliche Röntgen des Gepäcks gehört dazu. Weiter geht
es zum Crewraum. Die erste Aufgabe für mich heute ist, das Ausdrucken der benötigten Unterlagen.

Flugplan, Wetter, NOTAM, technischer Zustand, sonstige Besonderheiten der Passagiere. Das
Streckenwetter nach Mallorca sieht soweit gut aus, es gibt ein kleines Turbulenzgebiet in der Nähe
von Genf, das sollte unseren Flug aber nicht weiter stören. Auch das Wetter auf Mallorca könnte
nicht besser sein. Schwacher Wind aus westlicher Richtung, 23°C und fast keine Wolken.

Gegen 04:50 Uhr trifft die restliche Crew ein. Ich legen dem Kapitän die Papiere vor, und die Purserin
beginnt mit dem Kabinen-Briefing. Die angesprochenen Themen heute: Service-Konzept, also wie oft
werden Getränke angeboten, zudem gibt es ein kurzes Briefing im Bereich „First-Aid“. Zusammen mit
dem Kapitän bespreche ich die Besonderheiten auf dem heutigen Flug und wir legen gemeinsam den
Sprit fest. Heute sind es 8 Tonnen, somit haben wir auch noch einen kleinen Puffer für etwaige
Warteschleifen, da morgens auf Mallorca viel Verkehr sein kann. Ich rufe den Rampagenten an und
teile ihm den Sprit mit, in der zwischen Zeit brieft der Kapitän das Kabinenpersonal über die aktuelle
Route und das Streckenwetter.

Um 05:10 Uhr, grob 50 Minuten vor Abflug gehen wir zusammen zum Flugzeug. Auf dem Weg zum
Flieger legen der Kapitän und ich fest, wer welche Strecke fliegt. Heute beginne ich als „Pilot-Flying“ .
D.h. ich starte und lande das Flugzeug, der Kapitän übernimmt den Flugfunk und arbeitet mir zu.

Im Flieger angekommen arbeiten wir unsere Checklisten ab, der Rampagent erfragt die Beladung und
nennt uns die abschließende Passagieranzahl. Ich hole mir die Wetterdaten für Karlsruhe und erfahre
über die ATIS welche Startbahn in Benutzung ist. Der Kapitän führt währenddessen den Outside-
check. Der Flieger hat keine defekte und wir erwarten die Startbahn 21 für den Abflug nach Mallorca.
Ich programmiere den Boardcomputer, der Kapitän füllt die wichtigsten Papier aus und in der Kabine
wird die Beladung und das Notfallequipment überprüft.

Vorbereitungen abgeschlossen, startklar zum Abflug

Gegen 05:35 Uhr kommt der Rampagent mit den finalen Zahlen an Board und bekommt vom Kapitän
das „ready boarding“, also dürfen die Passagiere einsteigen.

Während die Passagiere einsteigen berechnen wir im Cockpit die Startperformace.
Runway 21, V1 = 133 Knoten, Vr = 135 Knoten , V2 =135 Knoten – Flapsetting 1
Wir heben also bei ca. 250 km/h ab.

Ich halte das Departure-Briefing. Hier werden die wichtigsten Punkte besprochen: Abflugroute, wie
ist der genau Verlauf, welche Höhe gibt es zu beachten, Frequenzwechsel und ganz wichtig, was
machen wir, wenn es zu einem Problem kommen sollte. „Always be ahead“ heißt es so schön in der
Luftfahrt – immer einen Schritt weiter denken.

Alle an Board, Türen zu und es geht los. Der Kapitän holt beim Fluglotsen die Streckenfreigabe, sowie
die Freigabe zum Anlassen der Triebwerke ein. Die „Before start checklist“ wird abgerufen, der
Rampagent bekommt gesagt, dass wir alle Freigaben erhalten haben und gibt auch das „ok“ für den
Triebwerksstart.

Die Triebwerke spulen hoch, anschließend wird die Take-Off-Konfiguration gesetzt (Klappen,
Trimmung, …). Es werden die Steuerflächen überprüft und das ganze Prozedere mit der „After start
checklist“ beendet. Los geht’s; Rollfreigabe erhalten und wir rollen zur Startbahn 21. Die „Before
take-off checklist wird gelesen“ und dem Tower ein „ready for departure“ gemeldet.

„WIND 220 degrees, 5 nots, runway 21 cleared for take off!“

Ausbildung Pilot

Der Kapitän schaut zu mir rüber und fragt: „read?!“ – „ready!“ antworte ich ihm. Anschließend
schiebt der Kapitän die Schubhebel auf Startleistung; „you have control“ sagt er. Somit habe ich jetzt
die komplette Kontrolle über den Flieger. Es werden 100 Knoten ausgerufen, bei 133 Knoten sagt
der Kapitän „V1“ (ab jetzt wird der Start nicht mehr abgebrochen, egal was ist), „Vrotate“, das
Kommando die Nase zu heben. Ich ziehe am Steuerknüppel und die Nase des Flugzeugs heb sich
langsam in die Luft. Sobald wir in der Luft sind kommt von mir das Kommando „Gear UP!“ und der
Kapitän fährt das Fahrwerk ein. Die Sichten sind nahezu perfekt. Wir können schon die Alpen sehen
während ich das Flugzeug weiterhin per Hand entlang der Abflugroute fliege. Nach ca. 5 Minuten
schalte ich den Autopiloten ein und der gemütliche Teil des Pilotenlebens beginnt.

Einmalige Erlebnisse über den Wolken

Nach kurzer Zeit fliegen wir über den Rheinfall und erreichen die Schweiz. Der Sonnenaufgang mit
den Schneebedeckten Alpen ist jedes Mal atemberaubend. Noch im Steigflug klingelt es und die
Purserin fragt, ob wir einen Kaffee oder irgendwas anderes bräuchten. Auf Reiseflughöhe
angekommen, behalte ich als Pilot-Flying die Flugzeugparameter im Blick und der Kapitän ist für den
Papierkram zuständig. „Kein Fuelleak, 1.5 Tonnen extra Sprit und 2 Minuten schneller als geplant“,
sagt der Kapitän zu mir. Alles läuft nach Plan. Da man Genf und den Genfer-See heute gut sehen
kann, übergebe ich mit den Worten „you have control“ die Kontrolle an den Kapitän und beginne mit
der Passagieransage.

Unsere Route führ uns von Genf über Marseille direkt zum Mittel Meer.

Kurz hinter Marseille beginnen wir mit den Anflugsvorbereitungen und dem Anflugsbriefing. Man
merkt, dass heute viel los ist, denn die Fluglotsen weisen uns eine Geschwindigkeit an und am Funk
ist einiges los.

Ich verabschiede mich über die Passagierdurchsage bei den Fluggästen und wir leiten den Sinkflug
ein. Während des Sinkfluges überwache ich unser Sinkprofil, dies kann aufgrund von Abkürzungen
plötzlich komplett umgeworfen werden. Bei 10.000 Fuß werden die Landelichter angeschaltet und
Mallorca liegt direkt vor uns. Im Cockpit hat man nun mal die beste Aussicht. Am östlichen Ende von
Mallroca werden wir für den Instrumentenanflug auf die Piste 24L freigegeben. Während wir auf
dem Localizer fliegen schalte ich den Autopiloten ab. Nun liegt es an mir das Flugzeug so langsam zu
bekommen, dass wir die Klappen ausfahren können. Aber ich sollte nicht zu langsam werden, da schließlich andere Flugzeuge direkt hinter mir fliegen.

Ca. 10 Kilometer vor der Landebahn wird das
Fahrwerk ausgefahren und der Flieger in die finale Konfiguration zur Landung gebracht.

50, 40, 30, 20, retard ,10, … tönt es aus den Lautsprechern im Cockpit

Pilot Voraussetzungen

Auch der schönste Flug kommt zu einem Ende

Ich lande den Airbus sanft in Mallorca. Noch während wir auf der Landebahn ausrollen hören wir das
Klatschen der Passagiere. Wir verlassen die Landebahn über den Rollweg „S2“ und bekommen vom
Bodenlotsen unseren Weg zur Parkposition angewiesen.

Angekommen an der Parkposition werden die Triebwerke abgeschaltet. Der „Finger“ dockt an den
Flieger an und die Passagiere dürfen aussteigen. Wir im Cockpit schreiben nun alle Zeiten auf und
bereiten direkt den Rückflug nach Karlsruhe vor.

Diesmal ist der Kapitän „Pilot-Flying“ und ich übernehme die Aufgaben des „Pilot-Monitoring“.

Nachdem die Route in den Boardcomputer eingegben wurde bekommen wir auch schon wieder die
Passagier-, und Gepäckzahlen des Rampagenten genannt. Das Flugzeug wird vom Tanker betankt. Die
Kabine wird gereinigt.

Keine 30 Minuten später heißt es „ready Boarding“ und das Spiel geht von vorne los.

Alle Passagiere an Board, Checklisten lesen und los geht es. Nach grob 50 Minuten am Boden rollen
wir zur Startbahn 24R auf Mallorca. Wir sind als drittes für den Start geplant und können somit den
Start von anderen Flugzeugen beobachten.

„Wind 300 degress, 3 knots, runway 24R cleared for take off!“

Los geht´s. Bei diesmal 259 km/h heben wir nun ab und überfliegen einmal die ganze Insel.

Ich melde mich bei den unterschiedlichen Fluglotsen an und ab und überwache nun unsere
Spritmenge und Zeiten.

Kurz vor Marseille sagt der Kapitän zu mir „you have control“ und macht seine Passagieransage. Ein
wunderbares Alpenpanorama liegt vor uns. Checklisten lesen, Wettereinholen, und die
Landeparameter berechnen. Bevor es kurz hinter Genf mit dem Sinkanflug los geht.

Wir überfliegen den Schwarzwald sehen das komplette Rheintal bis nach Mannheim. Direkt über der
Stadt Karlsruhe gibt es eine Linkskurve und der Kapitän steuert das Flugzeug zur Landebahn 21.

„spoiler, reverse gree, decel“ sind meine Kommandos nach der Landung und signalisieren den
Kapitän, dass alle System funktionieren. Wieder hört man das Klatschen der Passagiere während wir
zur Parkposition rollen. „Parking checklist“ sagt der Kapitän. „Engines – OFF, Seat belt´s – OFF ,…
Parking Checklist completed“. Die Passagiere steigen aus und wir machen unsere Papiere fertig.

Gegen 11:45 Uhr übergeben wir das Flugzeug an die „Spätschicht“, die jetzt nach Hurghada fliegen
werden. Kurze Zeit später findet ein kleines Debriefing statt und wir haben Feierabend.

Nun heißt es, ausruhen! Morgen geht es wieder um 6:00 Uhr los, nur diesmal nach Rhodos.

– Jörg Heidkrüger (ehemaliger Flugschüler, Heute Pilot bei Chair (CH))

Ähnliche Beiträge

2023-06-21T11:00:20+02:00
Nach oben